In der heutigen Ausgabe des Roten SEO-Teppichs begrüßen wir Olaf Kopp, einen der aktivsten und bekanntesten Spieler der deutschen Online-Marketingszene.
Hallo Olaf, erst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für unser kleines Interview nimmst. Wer sich im deutschsprachigen Raum mit SEO beschäftigt, wird irgendwann einmal auf Deinen Namen stoßen, denn Du bist einer der fleißigsten Autoren in dieser Branche mit vielen interessanten Beiträgen. Du schreibst auf verschiedenen Plattformen und Magazinen, unter anderem bist Du an aufgesang.de beteiligt und betreibst kopp-online-marketing.de. Damit direkt zu den Fragen:
SEO Südwest: Du bist ja seit langem im Online-Marketing tätig. Was waren für Dich die herausragenden Ereignisse der Branche in letzter Zeit?
Olaf: Konkrete Ereignisse zu nennen fällt mir ehrlich gesagt ein bisschen schwer. Die letzten einschneidenden konkreten Ereignisse bei Google waren für mich die Einführung des Knowledge Graph (2012), Hummingbird (2013) und Rank Brain (2015). Alles andere ist eine laufende Entwicklung wie z.B. die fortschreitende Enteignung der Optimierungsmöglichkeiten bei Google AdWords, der Ausbau der Möglichkeiten bei der Facebook-Werbung und das sich verändernde Medien-Konsumverhalten.
SEO Südwest: Wo liegen Deine persönlichen Schwerpunkte in der SEO?
Olaf: Seit 2013 liegt mein Schwerpunkt bei strategischen Content-Marketing-Themen, semantischer Suchmaschinenoptimierung, dem digitalen Markenaufbau und Online-Marketing-Strategien.
SEO Südwest: Welche Rankingfaktoren sind aus Deiner Erfahrung heraus die wichtigsten - heute und in der Zukunft?
Olaf: Grundvoraussetzung, um überhaupt ein Ranking zu bekommen, ist die Crawlbarkeit und Indexierbarkeit der Inhalte. Die beiden Punkte sehe ich allerdings weniger als Rankingfaktoren, sondern als Rankingvorrausetzung. Das Scoring wird durch sie nicht beeinflusst. Bezüglich des Scorings halte ich die Nutzerfreundlichkeit der Website im Allgemeinen, die Informations- und Navigationsstruktur, den Content und die Autorität der Domain für die wichtigsten Rankingfaktoren. Dabei sehe ich den Content und die Autorität der Website als wichtigste Faktoren an. Je größer eine Website ist desto wichtiger wird die Informations- und Navigationsstruktur.
SEO Südwest: Mit welchen SEO-Kollegen hast Du am häufigsten Kontakt?
Olaf: Am häufigsten in Kontakt stehe ich mit den Kollegen Sebastian Erlhofer, Thomas Mindnich, Marcel Schrepel, Marcel Becker, Markus Hövener, Jens Fauldrath und Marco Janck. Diese Kollegen schätze ich nicht nur für ihre Erfahrung und Expertise, sondern auch für ihre ehrliche und offene Art. Ich diskutiere gerne, aber nicht, weil ich Recht haben möchte, sondern weil ich aus den anderen Meinungen und Perspektiven meinen eigenen Standpunkt schärfen oder kritisch gegenprüfen möchte. Viele Menschen eignen sich aber nicht für derartige Kommunikation, da ihr Ego dafür im Weg steht. Da wird es dann schnell persönlich.
SEO Südwest: Wie bewertest Du die Entwicklung der deutschen SEO-Szene?
Olaf: Die deutsche SEO-Szene habe ich bisher immer als eine eingeschworene Gruppe wahrgenommen. Eingeschworen meine ich damit positiv, aber auch negativ. Man findet ziemlich schnell Anschluss, wird aber auch schnell ausgeschlossen, wenn man es sich mit den Meinungsführern verscherzt. Dadurch scheint es mir so, als ob eher selten offen konträre Meinungen und (konstruktive) Kritik geäußert wird. Aber genau das bringt nach meiner Meinung eine Branche weiter. Dadurch bremst sich die SEO-Branche selber immer ein bisschen aus. Auch mal in Frage stellen, was als gesetzt gilt, täte hier und da mal gut. Nur so ergeben sich neue Perspektiven. Aber das Problem besteht scheinbar in vielen Branchen.
Nur mit Suchmaschinenmarketing bzw. SEO und SEA alleine wird man heute als Unternehmen nicht mehr erfolgreich sein können. Doch gerade mancher SEO denkt immer noch, dass der Erfolg alleine von ihm abhängt. Das ist nicht gerade förderlich, wenn Brücken zu anderen Marketing-Bereichen geschlagen werden müssen.
Der Markt benötigt erfahrene Marketer, die sich sicher in der Peripherie zwischen den Online-Marketing-Disziplinen, Marketing und Unternehmenskommunikation bewegen können. Das ist auch ein Grund, warum ich mich gerne als Schnittstelle zwischen verschiedenen Disziplinen bewege. Sei es PPC, Content-Marketing, SEO oder auch klassische Unternehmenskommunikation oder Marketing. Dadurch bekomme ich Einblick in die jeweilige Perspektive. Das erleichtert es, Brücken zwischen den Bereichen zu schlagen, Kollegen aus verschiedenen Bereichen ins Boot zu holen und ganzheitlicher zu denken.
SEO Südwest: Brauchen wir überhaupt noch SEO?
Olaf: Solange Google und andere Suchmaschinen es nicht hinbekommen, ohne Unterstützung durch SEOs Inhalte zu crawlen, zu indexieren und zu klassifizieren (z.B. über strukturierte Daten), bedarf es der Kenntnisse in der Suchmaschinenoptimierung. Ich denke, Google würde am liebsten auf diese Unterstützung von SEOs und Webmastern verzichten, aber aktuell und in naher Zukunft wird dies wohl ein Wunsch bleiben. Beim eigentlichen Scoring durch die Ranking-Algorithmen sehe ich das ein bisschen differenzierter.Hier würde ich zwischen dem Einfluss der Dokumente und der Autorität einer Domain auf das Ranking unterscheiden.
"SEOs haben auf Dokumentenebene noch einen großen Einfluss."
Bei der Optimierung von Dokumenten geht es um die verwendeten Begriffe, Struktur, interne Verlinkung, zielgruppenorientierte Inhalte, Seitentitel, die Gestaltung der Snippets an sich … Diese Aufgaben traue ich auch guten Textern zu. Vorbereitende Recherchen und Analysen wie Keyword-Recherchen, Keyword-Analysen und semantische Begriffsanalysen wie z.B. TF-IDF sollten in SEO-Händen liegen; auch die Erstellung der Briefings. Sprich: SEOs haben auf Dokumentenebene noch einen großen Einfluss.
Hinsichtlich der Autorität einer Domain sehe ich wenig Einfluss durch Suchmaschinenoptimierung. Hier erkennt Google inzwischen ziemlich gut, welche Domains eine starke Autorität in einem Themenbereich sind. Gerade bei umkämpften Themen und Websites der Kategorie „Your Money or your Life Pages“ spielt die Autorität nach meiner Meinung eine entscheidende Rolle dafür, ob Google einem das Vertrauen für ein Ranking auf der ersten Suchergebnisseite schenkt. Zu dieser Kategorie zählen z.B. Anwälte, Online Shops, Versicherungen und Finanzdienstleister.
Messbare Autoritätssignale wie z.B. Backlinks aus vertrauenswürdigen Quellen, Co-Okkurenzen, Marken-Nennungen, Entwicklung des Brand-Suchvolumens oder bestimmte Suchmusterkombinationen wie z.B. Marke + Thema / Keyword lassen sich nur sehr bedingt durch SEO-Maßnahmen beeinflussen. Dafür sind in erster Linie das Marketing und die Unternehmenskommunikation bzw. PR zuständig.
Zusammengefasst sorgt eine Kombination aus SEO und Marketing sowie der Unternehmenskommunikation für nachhaltige sowie hohe Rankings zumindest bei den großen Suchmaschinen Google & Co.
Bei Amazon und kleineren Nischen-Suchmaschinen sind die Ranking-Algorithmen nicht ganz so komplex und noch durch verhältnismäßig einfache SEO-Mittel zu beeinflussen.
SEO Südwest: Wer Dich kennt, der weiß, dass Du oft nicht den Meinungs-Mainstream vertrittst. Damit unterscheidest Du Dich in angenehmer Weise vom Großteil der SEO-Blogger. Welche derzeit kursierende Aussage oder Meinung stört Dich am meisten?
Olaf: Da nenne ich gerne gleich zwei:
1. Nutzersignale sind ein wichtiger Rankingfaktor:
Zu diesem vermeintlichen unbestreitbaren Rankingfaktor steht Aussage gegen Aussage. Google selbst sagt, dass Nutzersignale wie z.B. Absprungrate, Verweildauer etc. kein Rankingsignal sind bzw. nicht in das Scoring von einzelnen Websites einbezogen werden. Auf der anderen Seite behauptet ein Großteil der SEO-Branche das Gegenteil. Es gibt bisher dazu aber keine glaubhaften Untersuchungen. Was die Nutzersignale auf den SERPs wie z.B. die CTR oder Return to SERP-Rate angeht, gibt es inzwischen einige Untersuchungen, die eine solche Vermutung stützen. Google selbst hat dazu auch Patente für Technologien, die die Bewertung von Websites aufgrund dieser Signale abbilden können. Google selbst sagt dazu aber auch nur, dass man so etwas generell bei der Validierung neuer Algorithmus-Updates einbezieht. Das lasse ich hier dann einfach mal so stehen… Eine ausführliche Zusammenfassung dieser Thematik habe ich im in meinem Beitrag "Sind Nutzersignale & Nutzerverhalten Rankingfaktor/Rankingsignal?" veröffentlicht inklusive regelmäßiger Updates des Beitrags, sobald es etwas Neues gibt.
2. Page Speed ist ein entscheidender Rankingfaktor:
Dass Page Speed ein Rankingfaktor ist, steht außer Frage. Das wurde schon mehrfach von Google bestätigt. Google sagt auch, dass im Falle des Falles die Geschwindigkeit einer Website bei zwei gleich starken Seiten den Ausschlag dafür geben kann, dass man vor der langsameren Seite rankt. Aber Google sagt auch, dass es kein wichtiger Rankingfaktor ist. Ich habe bis jetzt noch keine Website gesehen, die aufgrund besserer Ladegeschwindigkeit mehrere Positionen gut gemacht hat oder auf die erste Google-Seite gesprungen ist.
Ich finde das Thema Page Speed generell wichtig, gerade mit Blick auf Mobile. Aber nicht für SEO. Auch dazu habe ich eine ausführliche Zusammenfassung inklusive regelmäßiger Updates veröffentlicht: Page Speed: Wie wichtig sind Ladezeiten als Rankingfaktor für SEO?
Generell würde ich mir gerade in der SEO-Branche eine differenziertere Auseinandersetzung mit bestimmten Aussagen wünschen. Es werden allzu oft aus Spekulationen nicht in Frage zu stellende Fakten gemacht, weil z.B. Bruchteile einer Aussage aus dem Kontext gerissen werden, einfach nicht richtig hingehört oder einfach missverstanden wird. Da sich dann solche Aussagen per Word of Mouth weitertragen, wird aus einem Konjunktiv ein Indikativ.
SEO Südwest: Mit Hannover verbindet Dich sehr viel - es ist Deine Heimatstadt und Sitz der Online Marketing-Agentur Aufgesang Inbound Marketing. Wodurch zeichnet sich die Stadt aus Deiner Sicht besonders aus?
Olaf: Da ich nicht in Hannover geboren bin, ist die Stadt quasi meine Wahlheimat seit nunmehr über 35 Jahren. Ich hatte diverse berufliche Stationen in Münster, Hamburg, Lingen und Berlin, die mir die Möglichkeit gegeben haben, einen Eindruck vom Leben in anderen Städten zu bekommen.
Ich bin in der Stadt erwachsen geworden und ein Großteil meines sozialen Umfelds lebt noch hier. Neben der Gründung meiner beiden Agenturen konnte ich viele meiner Projekte neben dem Beruf wie meine Aktivitäten als DJ und Club-Veranstalter in Hannover ausleben. Von daher ist die Verbindung zu dieser Stadt sehr eng.
Hannover ist sehr lebenswert, da es die Vorteile einer Großstadt mit den Vorteilen einer Gemeinde verbindet. Nahezu alle interessanten innerstädtischen Orte lassen sich innerhalb von 25-30 Minuten mit dem Rad erreichen. Zudem ist Hannover laut den Statistikern Europas grünste Stadt aufgrund der anteilig innerstädtischen Grünflächen. Mein Weg zum Büro führt mich jeden Morgen durch den Uni-Park. Zudem bietet Hannover eine in den letzten Jahren stetig wachsende Digital-Branche mit Unternehmen wie z.B. dem Yeebase Verlag, seines Zeichens Heimat von t3n, mit denen uns seit Gründung eine enge Freundschaft verbindet.
SEO Südwest: Mal aus Kundensicht gedacht: Worauf sollte ein Unternehmen achten, bevor es die Dienste eines SEOs in Anspruch nimmt?
Olaf: Zu allererst sollte man sich Gedanken darüber machen, welche Ressourcen man selbst im Unternehmen hat, um bestimmte Aufgaben in der Umsetzung zu übernehmen. Im besten Fall befinden sich die IT und Content-Produktion in den eigenen vier Wänden. Dementsprechend kann man dann den eigenen Bedarf ermitteln. Dafür sollte man verstehen, was die wichtigsten Tätigkeitsbereiche und Verantwortlichen bei der Ranking-Optimierung sind. Diese würde ich in Planung & Strategie sowie Umsetzung grob aufteilen.
Planung & Strategie:
- Technische SEO (SEO)
- Optimierung der Informations- und Navigationsstruktur (SEO)
- Verbesserung der Usability (IT, CRO und/oder UX wenn vorhanden oder SEO)
- Content-Produktion und -Optimierung (Kreation und SEO)
- Offpage-Optimierung (PR/Marketing/Unternehmenskommunikation und SEO)
Erfolgskritische Tätigkeitsbereiche, bei denen ein SEO bei der Planung und Strategieentwicklung unbedingt involviert sein sollte:
- Die technische SEO
- Die Optimierung der Informations- und Navigationsstruktur
- Die Content-Produktion und –Optimierung
- Offpage-Optimierung
Bei der Umsetzung muss ein SEO zwangsläufig gar nicht mehr beteiligt sein, wenn genug Ressourcen aus anderen Bereichen vorhanden sind und die Planung bzw. Strategie feststeht.
- Umsetzung technische SEO (IT, wenn vorhanden, oder SEO)
- Umsetzung Optimierung der Informations- und Navigationsstruktur (IT und Redakteure oder SEO)
- Umsetzung Verbesserung der Usability (IT, CRO und/oder UX wenn vorhanden oder SEO)
- Umsetzung Content-Produktion und -Optimierung (Redakteure und/oder Video-Produktion und /oder Grafik)
- Umsetzung Offpage-Optimierung (PR/Marketing/Unternehmenskommunikation wenn vorhanden und/oder SEO)
Mehr zu den SEO-Tätigkeiten in meinem Beitrag "SEO-Aufgaben der Taktischen & Strategischen Suchmaschinenoptimierung"
Je nachdem, in welchen Bereichen man Ressourcen hat, sollte man sich die Tätigkeiten heraussuchen, bei denen ein SEO oder eine SEO-Agentur unterstützen kann. Daraus sollte man dann eine konkrete Anfrage formulieren.
Grundlegend für die spätere Auswahl eines guten SEO-Dienstleisters ist in erster Linie ein eigenes Grundwissen in Sachen Suchmaschinenoptimierung. Wenn man keine Ahnung hat, ist die Chance ziemlich groß, auf die Nase zu fallen. Darüber hinaus gibt es auch noch eine Vielzahl an Kriterien, die ein guter SEO-Dienstleister erfüllen sollte. Wie kann es anders sein, habe ich auch dazu zusammen mit einigen geschätzten Kollegen einen sehr ausführlichen Leitfaden verfasst. Diesen findet man hier: "SEO-Agentur Auswahl: Der große Leitfaden & Checkliste".
SEO Südwest: Zum Schluss die Frage, die jeder beantworten muss: Auf welchen Konferenzen können wir Dich in diesem Jahr treffen - sei es als Vortragender oder als Besucher?
Olaf: Als Speaker bin ich in letzter Zeit nicht so aktiv. Dazu fehlen ehrlich gesagt auch gerade die Möglichkeiten. Ich werde wohl auf der nächsten SEOcampixx ein bis zwei Vorträge machen und auf dem SEAcamp im November in Hannover. Das veranstalte ich seit 2013 zusammen mit den Kollegen Thomas Grübel, David Schlee und Andreas Hörcher. Kann sein, dass ich mich auf dem einen oder anderen Barcamp rumtreiben werde. Finde dort die Stimmung persönlicher und die Inhalte oft spannender als auf den großen Konferenzen. Kann aber durchaus sein, dass ich auch auf der einen oder anderen Konferenz sein werde. Da steht bisher aber noch nichts fest.
SEO Südwest: Olaf, vielen Dank für das Interview!